Nach Kobra-Fehlalarm: Diese drei Schlangen-Arten gibt es in SH

Stand: 10.05.2024 05:00 Uhr

In Schleswig-Holstein auf eine Kobra zu stoßen, ist praktisch unmöglich. Stattdessen sind in der Natur die heimische Ringelnatter, Schlingnatter und Kreuzotter anzutreffen. Nur eine davon ist tatsächlich giftig.

von Moritz Mayer

Ende April dachte ein Landbesitzer in Großbarkau (Kreis Plön), auf seinem Acker eine gefährliche Kobra entdeckt zu haben. Aus Angst tötete er das Tier. Experten des Landesamts für Umwelt stellten schnell fest: Die Kobra war eine ungefährliche Ringelnatter. Die steht allerdings unter Schutz in Schleswig-Holstein. Großbarkaus Bürgermeister Daniel Smederevac (parteilos) nahm das zum Anlass, seine Mitbürger im 200-Einwohner-Dorf über Schlangen aufzuklären. Mit einer mobilen Ausstellung in der Dorfmitte und einem Besuch in der örtlichen Grundschule.

Schlangenbegegnung? "Freuen und beobachten"

Ein stämmiger Mann in einem schwarzen T-Shirt zeigt einem Jungen Infos über Schlangen. © NDR Foto: Moritz Mayer
In seinem Schlangenmobil erklärt Großbarkaus Bürgermeister Smederevac einem Jungen, welche Schlangen es in Schleswig-Holstein gibt.

Seit Jahren macht das auch Jörn Krütgen vom Landesamt für Umwelt. Er erklärt: "In Schleswig-Holstein sind drei Schlangenarten heimisch: Die ungefährlichen Ringel- und Schlingnattern, sowie die giftige Kreuzotter." Alle stehen unter Schutz und sind in ihrem Bestand gefährdet. Wer auf eine der drei Schlangen trifft, dem empfiehlt der Experte: "Erst mal über die tolle Naturbeobachtung freuen, denn die Schlangen sind selten. Einfach Abstand halten, den Moment genießen und weiter beobachten." Vor allem im April und Mai sind die Schlangen eher mal zu sehen. Die Paarungszeit läuft und nach dem langen Winter müssen die Schlangen wieder Sonne tanken.

Östliche Ringelnatter: Wieder häufiger in SH anzutreffen

Am häufigsten ist die Östliche Ringelnatter anzutreffen, sie ist die größte heimische Schlangenart. "Der Bestand in Schleswig-Holstein hat sich in den letzten zehn Jahren erholt", stellt der Schlangenexperte fest. Viele kleine Tümpel und Teiche wurden angelegt. Dort fühlt sich die Ringelnatter besonders wohl. Ihre Haut ist silbergrau bis dunkelgrau. Sie ist meist zwischen 80 und 120 Zentimeter lang und dadurch gut erkennbar, sagt Krütgen. "Die zwei hellen Halbmonde im Nacken machen sie praktisch unverwechselbar."

Eine graue Ringelnatter stellt sich tot und lässt ihr Zunge heraus hängen. © Landesamt für Umwelt Foto: Jörn Krütgen
Wenn es keine Fluchtmöglichkeit gibt, stellen sich Ringelnattern tot.

Die Ringelnatter lebt in Schleswig-Holstein vor allem im östlichen Hügelland (zum Beispiel am Honigsee bei Großbarkau) und in der Geest. "Manchmal taucht sie auch in Gärten auf", so Krütgen. Die Schlange ist ungefährlich und nicht giftig. Wenn sie auf Menschen trifft, haut sie meistens direkt ab. "Manchmal stellt sie sich auch tot, dann legt sie sich auf den Rücken und lässt ihre Zunge heraushängen", erklärt der Experte. "Ganz selten geht sie in eine Abwehrpose und stellt sich ein bisschen auf."

Kreuzotter: Die einzige heimische giftige Schlange

Deutlich kleiner als die Ringelnatter ist die Kreuzotter. "Sie ist mit bis zu 60 Zentimetern nicht so lang, dafür aber etwas dicker. Die Kreuzotter ist eine eher plumpe Schlange", sagt Jörn Krütgen. Ihre Haut ist grau bis schwarz, der Rücken hat ein deutliches Zickzackmuster. "Die Kreuzotter ist gut an ihren senkrechtstehenden Pupillen erkennbar. Das zeigt, dass sie giftig ist. Das ist ihr Alleinstellungsmerkmal in Schleswig-Holstein", so der Schlangenfachmann.

Eine schwarze Kreuzotter liegt zusammengerollt im Laub. © Landesamt für Umwelt Foto: Christian Winkler
Hier eine schwarze Kreuzotter. Sie ist gut an ihren schlitzartigen Pupillen und ihren Hautschuppen zu erkennen.

Weil sie giftig ist, wurde sie in Schleswig-Holstein bis zum 20. Jahrhundert massiv verfolgt. Dennoch kommt die Kreuzotter im Norden noch deutlich häufiger vor als im Rest von Deutschland. "Sie lebt vor allem auf dem Geestrücken und ist eine klassische Moorart", erklärt Jörn Krütgen. Sie fühlt sich im Wilden Moor in Osterrönfeld oder auch im Dosenmoor bei Neumünster wohl.

"Wer eine Kreuzotter entdeckt, sollte sich darüber erstmal freuen. Dann heißt es: Distanz halten, beobachten und nicht zu nah ran gehen. Auf keinen Fall anfassen." Normalerweise flieht die Kreuzotter bei Gefahr, sagt Krütgen. Manchmal geht die Schlange in eine Abwehrhaltung, stellt sich leicht auf und faucht sogar. "Spätestens dann sollte man sich zurückziehen", meint der Experte. Wer von der Kreuzotter gebissen wird, sollte so zügig wie möglich einen Arzt aufsuchen.

Schlingnatter: Vom Aussterben bedroht

Eine braune Schlingnatter liegt zusammengerollt im Stroh © Landesamt für Umwelt Foto: Christian Winkler
Die glatte Haut der Schlingnatter unterscheidet sich von dem schuppenartigen Zickzackmuster der Kreuzotter.

Hingegen völlig ungefährlich aber sehr selten in Schleswig-Holstein ist die Schlingnatter. Sie leidet besonders unter den zerstörten Lebensräumen, so Krütgen. Eigentlich fühlt sie sich in der Heide (zum Beispiel in der Wittenborner Heide, Himmelmoor) oder an Hochmoorrändern wohl. "Die Lebensräume sind aber super selten geworden. Und im Gegensatz zur Ringelnatter reichen ihr die Renaturierungen von Tümpeln nicht aus", stellt der Schlangenexperte fest. Deshalb ist die Schlingnatter in Schleswig-Holstein vom Aussterben bedroht. In Süddeutschland kommt sie hingegen häufiger vor.

Wer in der Natur unterwegs ist, erkennt die Schlingnatter an ihrer hellgrau bis bräunlichen Haut, die gefleckt ist. "Deshalb wird sie häufig mit der giftigen Kreuzotter verwechselt. Man erkennt den Unterschied aber an den Augen: Die Schlingnatter hat runde, die Kreuzotter schlitzartige Pupillen", sagt Krütgen. Die Schlingnatter ist nicht giftig und ist zwischen 50 und 70 Zentimetern lang. Sie ernährt sich hauptsächlich von Eidechsen. Dabei umschlingt sie ihre Beute und erdrosselt sie - daher der Name Schlingnatter.

Der Kopf einer Blindschleiche im Laub © Pascal Ertzinger Foto: Pascal Ertzinger
Sieht auf den ersten Blick aus wie eine Schlange, ist aber eine Eidechse: die Blindschleiche.
Ausgesetzte Schlangen in SH sehr selten

"Wer in Schleswig-Holstein Schlangen entdeckt, kann davon ausgehen, dass es eine der drei heimischen Schlangen ist", so Krütgen. Eine Kobra oder andere exotische Giftschlangen anzutreffen sei äußerst unwahrscheinlich. Auch bei der kürzlich in Oeversee (Kreis Schleswig-Flensburg) gesichteten Afrikanischen Baumschlange zeigt sich Jörn Krütgen skeptisch, ob die Schlange wirklich bei dem Dorf gesehen wurde. "Jedes Jahr gibt es wenige Einzelfälle von ausgebüxten oder ausgesetzten Schlangen", erklärt der Experte. Das Halten von Giftschlangen ist ohnehin in Schleswig-Holstein verboten. Auch die Blindschleiche wird häufig mit den heimischen Schlangen verwechselt. Die beinlose Echse ist allerdings keine Schlange - und übrigens auch ungefährlich.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 09.05.2024 | 19:30 Uhr

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